Haushaltsrede Januar 2010 vom Elly Martinat

Haushaltsrede der Freien Wähler Asperg, Januar 2010

Herr Bürgermeister Storer,
Herr Beigeordneter Linder,
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,
Liebe Mitbürgerinnen, liebe Mitbürger
Meine sehr geehrten Damen und Herren,

alle Welt spricht von Finanzkrise, Wirtschaftskrise und der weltweiten Hilflosigkeit der Politik. Mit Grauen hören wir von haarsträubenden, von Parteien mitgetragenen Vorgängen, selbst in den südlichen Bundesländern (Stichwort: Bayern LB, LBBW…). Das Versagen Einzelner wird sozialisiert und Gewinne auch heute noch kapitalisiert, das heißt auf dem Rücken der Bürger und – dort wegen immer noch auskömmlicher Sozialnetze – bei den Leistungsträgern ausgetragen .

Bei wem denn sonst?

Und dafür sollen wir in der Gemeinde die Backen hinhalten?

Das ärgert uns Freie Wähler maßlos.

Beispiele müssen wir ja nicht weit herholen: die offensichtlich nicht finanzierbaren Steuersenkungen! Den Kommunen bleibt nichts anderes übrig, wollen sie nicht auf die Zahlungsunfähigkeit zusteuern, müssen die Koalitionspräsente über Gemeindegebühren, Steuern und Leistungseinschränkungen beim braven Bürger wieder geholt werden:
Der Bürger – die Geldwechselstube des 21. Jahrhunderts?
Man mag das Krisengerede ja schon nicht mehr hören. Insbesondere wenn wir uns die Bilder von Haiti vor Augen führen. Also Ball flach halten und solide das tun, was wir tun müssen, sein lassen was wir nicht tun müssen und zur Kenntnis nehmen, dass die Zeiten des immer Schneller, immer Besser, immer Weiter längst Historie sind.

Wie wäre es mit einer neuen Bescheidenheit?

Und was können wir tun?
Wir Asperger müssen unseren Esel am Schwanz packen!
Bisher hat er gut gewiehert und uns die nötigen Euro beschert.

Nun — ist die Wirtschaftskrise nach ersten Einschätzungen der Fachleute zwar fast vorbei, aber in Asperg ist sie erst so richtig angekommen.

Im Vergleich zu 2008 müssen wir durch höhere Ausgaben und ein Weniger bei den wichtigsten Einnahmen – saldiert ein Minus von 7,5 Mio. Euro verkraften.

Ist dies dramatisch oder nicht?

Doch, meine Damen und Herren, es wäre verkürzt sich nur auf diesen Focus zu beschränken. Es wäre hilfreich den Blick in die Zukunft zu richten. Wir müssen Schulden mit Vermögen tilgen. Wir müssen unser wohlgehütetes Tafelsilber veräußern , um den laufenden Betrieb, die sicherheitsrelevanten, notwendigen und schon beschlossene Maßnahmen zu decken – auch in 2011! Hoffen wir auf ein gutes Rechnungsergebnis für 2009, welches uns ein kleines Polster bescheren kann.

Erst für 2012, 2013 ist ein Licht am Ende des Tunnels zu sehen . Aber wer weiß, wie es wirklich weitergeht?

In unserem Haushalt haben wir ein Strukturproblem! Dennoch dürfen wir nicht in Aktionismus verfallen – jede Krise bietet auch eine Chance , einen Neuanfang!

Wir haben mit dem neugewählten Gemeinderat, einem wiedergewählten Bürgermeister politische Stabilität – bei allen Differenzen! Es wirft sich bei mir die Frage auf, was können wir tun?

Nun – da der Esel bockig ist, müssen wir ihn am Schwanz packen – mein Vorschlag mit einer Fraktionsklausur ! Nun ist es an der Zeit, dass über Fraktionsgrenzen hinweg ein Weg aus der Krise gefunden wird! Wie heißt es so schön in „Neudeutsch“: Mit Brainstorming – neue Wege entdecken.
Vielleicht eine neue Art große kommunale Koalition der Vernunft! Die Klausur zu Jahresbeginn war der erste Schritt in diese Richtung.

Wir begrüßen, dass zunächst für 2010 noch keine Gebühren und Steuererhöhung kommen. Dies heißt keine Mehrbelastung für unsere Bürger und Gewerbetreibenden durch höhere Grund- oder Gewerbesteuern – auch Wasserzins oder Abwassergebühren bleiben in 2010 unverändert. Ob dies für 2011 so bleiben kann, wird im Laufe des Jahres abzuwägen sein.

Wir Freien Wähler wollen eine seriöse Finanz- und Stadtentwicklungspolitik betreiben. Ganz praktisch heißt das für uns – Prioritäten setzen und zwar in dieser Reihenfolge:

• Wirtschaftlicher Einsatz von Personal- und Sachmitteln. Also sparen – aber bitte am rechten Fleck!
• Auch wenn es schwer fällt, müssen wir so ehrlich sein und unseren Bürgern sagen, was unsere insgesamt doch ausgewogenen Einrichtungen kosten. Zu viele Subventionen an zu vielen Stellen gleichzeitig, können wir uns auf lange Sicht nicht mehr leisten.
• Vor jeder neuen Investition müssen wir uns fragen:
• Welche Infrastruktur wollen oder brauchen wir?
• Wie viel davon können wir uns auch morgen noch leisten?

Ein Beispiel zu Punkt drei möchte ich nennen. Die Kleinkindbetreuung . Um den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden, hat Asperg mit dem im September dieses Jahres fertig werdenden Kinderhaus sehr viel Geld investiert. Sollte nun die Landesregierung, auf Grund der prekären Finanzlage die Bereitstellung der Gelder für die Kleinkindförderung noch 3-4 Jahre hinausschieben, müssen wir uns fragen, ob wir Beschlüsse, die in „goldenen“ Jahren gefasst wurden, uns so noch leisten können. Schon heute sind die Personalkosten in der Kinderbetreuung der dickste Brocken, den die Stadt zu leisten hat – mit steigender Tendenz. Können wir uns die wünschenswerte Verkleinerung der Kindergartengruppenstärke noch leisten? Müssen Eltern über eine weitere Gebührenerhöhung mehr am Defizit beteiligt werden?

Die Fertigstellung des Kinderhauses gehört zu unseren Pflichtaufgaben in 2010 , ebenso wie die Anschaffung eines neuen Feuerwehrfahrzeuges . Das 33 Jahre alte Fahrzeug hat ausgedient und den TÜV Anforderungen nicht mehr entsprochen. Eine weitere große Pflichtaufgabe, die unseren Haushalt in den nächsten Jahren belasten wird, ist die Brandschutzsanierung der Friedrich-Hölderlinschule und des Friedrich-List-Gymnasiums. Die Außentreppen müssen dieses Jahr realisiert werden. Ansonsten müssen wir nach Alternativlösungen suchen, die kostengünstiger sind, aber dennoch die Sicherheit gewährleisten! Auch die Rebflurbereinigung unseres Hausberges und die Ostumfahrung gehören in das Pflichtportfolio. Haben wir doch so lange um die Zuschüsse durch das Land gekämpft.
Dank dem Konjunkturpaket bekommt der Sport in Asperg den langerwünschten Kunstrasenplatz im Sportzentrum Osterholz.

Das von uns geforderte Konzept für die Sanierung von Rundsporthalle und Lehrschwimmhalle – also ein Neubau am Gymnasium – muss leider für unbestimmte Zeit in der Schublade bleiben. Wir können nur hoffen, dass es kein technisches K.O. in nächster Zeit geben wird.
Wäre es nicht an der Zeit für unsere Lehrschwimmhalle einen Interkommunalen Ansatz zu suchen?
… und im Übrigen möchte ich in diesem Zusammenhang auf ein „Ideenportfolio“, entstanden auf der Freien Wähler Fraktionsklausur, hinweisen.

Über den Tellerrand sollten wir in jeden Fall hinausschauen,
schauen wie es andere Kommunen machen oder Kooperationen zu anderen Kommunen suchen.

Im Falle der Asperger Schulen – Realschule in Tamm und Gymnasium in Asperg läuft dies schon viele Jahre. Neu wird die Kooperation der Hauptschule sein und so für die Erhalt der Schule in beiden Kommunen sorgen. Klasse 5-7 in Tamm und Klasse 8-9 und die Werkrealschule in Asperg. Asperg hat viel in die Infrastruktur an den Schulen investiert. Renovierte, zeitgemäße Klassenräume, Schulsozialarbeit und die Mensa möchte ich nennen. Die Mensa fehlt jedoch noch in Tamm. Hier muss seitens der Verwaltung auf eine entsprechende Einrichtung auch in Tamm hingewirkt werden.

Kooperationen müssen auch in Sachen Lösung von Verkehrsproblemen eingegangen werden. In unserem engen Ballungsraum lassen sich langfristig Verkehrsprobleme nur mit den Nachbarkommunen lösen. Gemeinsam muss eine für alle Beteiligten tragbare Lösung gefunden werden. Insellösungen haben keine Realisierungschance.

Wir alle wissen – von der Idee zur Planung oder gar zur Realisierung können viele Jahre vergehen. Bestes Beispiel ist die Ostumfahrung , die schon vor vielen Jahren geplant wurde und sich erst jetzt der Verwirklichung nähert. Eine mögliche Weiterführung als Nordumfahrung Aspergs wurde in die Fortschreibung des Generalverkehrsplanes aufgenommen. Aber ob sie je umgesetzt werden kann ist ungewiss.

Um nun die durch die Ostumfahrung zusätzlich mit Verkehr belasteten Anwohner an der Eglosheimer Straße zu entlasten, ist unser Verkehrsplaner Prof. Kölz aufgefordert, eine annehmbare Lösung zu finden. Auch für die Lehenstraße wird sich eine machbare Lösung finden.

In Sachen Verkehr sind wir endlich auf gutem Wege, das von uns seit vielen Jahren geforderte Gesamtverkehrsentwicklungskonzept zu erstellen. Gemeinsam mit Verwaltung und Gemeinderat sollen unter professioneller Begleitung durch Prof. Kölz zeitnah die „Asperger Problemfelder“ in Sachen Verkehr angegangen werden. Bürgerbeteiligung – und nicht nur bei Verkehrsthemen – trägt zur Akzeptanz und Transparenz bei! Dies Potential soll nun bei einem Verkehrsworkshop zeitnah genutzt werden. Nachdem die Lokale Agenda Gruppe Verkehr sich mangels Akzeptanz und Unterstützung aufgelöst hat, hoffen wir dass eine breite Bevölkerungsgruppe bereit ist, sich für die Verkehrsentwicklung in Asperg zu engagieren.

Auch ein Parkierungskonzept von der Stadtmitte bis zum Bahnhof ist in Arbeit. Wir Freien Wähler fordern in diesem Zusammenhang eine Parkscheibenregelung mit „Anliegerparken frei“ rund um den Asperger Bahnhof . Vielleicht lässt sich so mancher VVS-Zonen-Spar-Tourist vom Fahren nach Asperg abschrecken.

In Sachen Verkehr möchten wir Freien Wähler die Verwaltung auffordern, den Ausbau der sanierungsbedürftigen Landesstraßen (z.B. Eglosheimer Straße) schon heute anzumelden. Seitens des Landes sind die Mittel hierfür ebenfalls beschränkt, so dass wir wenigsten in die Warteliste aufgenommen werden sollten.

Auch darüber sollte wir nachdenken: Welchen Vorteil hat Asperg von der möglichen Stadtbahn Markgröningen – Remseck ? West-Ost ist immerhin der Hauptdurchgangsverkehr für Asperg. Kann ein Anschluss für Asperg realisiert werden?

Thema Feinstaub : Lebt Asperg auf der Insel der Glückseligen in Sachen guter Luft?
Umweltzonen schießen wie Pilze aus dem Boden: Ludwigsburg, Markgröningen, Freiberg, Ingersheim und Pleidelsheim um ein paar zu nennen. Wo soll denn der Verkehr hin?
Welchen messbaren Einfluss haben die Umweltzonen unserer Nachbarkommunen Markgröningen und Ludwigsburg auf die Entwicklung des Verkehrs in Asperg? Muss nicht hier ein Gesamtkonzept für den Kreis oder gar die Region her?
Wir wollen den Zug nicht verpassen: Uns bleibt nichts anderes übrig, als ebenfalls Feinstaubmessungen für Asperg zu fordern! Wenn nötig auch finanziert aus eigenen Mitteln!

Wir bedauern sehr, dass wir die Umweltschutzprogramme auf Grund der Kassenlage für die nächsten beiden Jahre aussetzten mussten. Vor allem die Solarförderung feierte großen Zuspruch. Sobald sich die Finanzlage wieder bessert, werden die Förderprogramme jedoch wieder ausgefahren.

Thema Friedhof : Hier haben wir ein Friedhofskonzept vorgelegt bekommen. Eine teure Generalsanierung können wir uns nicht leisten. Dennoch müssen notwendige Reparaturen, gemacht werden, damit unser Friedhof sauber und ordentlich erhalten werden kann.

Synergien finden heißt die Parole in Zeiten knapper Kassen ! Und dies heißt es auch für Vereine und Organisationen. Ist es z.B. noch zeitgemäß zwei Sportvereine, mit gleichem Angebot in einer Stadt mit 13Tausend Einwohnern zu haben? Ich sage hier nur den Stichpunkt: Hallenbelegung und Auslastung. Wir fordern die Verwaltung auf die Vereinsfusion TSV Asperg mit dem SB voranzutreiben.

Die Vernetzung von Schule und Verein bringt eine Win-Win-Lösung für beide Seiten. Auch hier ist die Verwaltung gefordert mit ihrem professionellen Know-how zu unterstützen.

Wir müssen den Esel auch am Schwanz packen, wenn wir an Wirtschaftsförderung denken. Ganz wichtig: Die wegfallenden Gewerbesteuereinnahmen von Bruch und Porsche gilt es auszugleichen. Auch hier ist die Verwaltung gefragt zu „Netzwerken“ und geeignete Kandidaten für unser Gewerbegebiet im Osterholz zu finden.
Im Falle Bruch hat sich die Endlösung nun schnell gefunden. Leider haben auch einige Asperger Bürger und Bürgerinnen dadurch ihren Arbeitsplatz verloren. An einen Abriss des Geländes ist jedoch nicht so schnell zu denken. Es muss aus wirtschaftlichen Gründen über eine Zwischennutzung bis zum Abbruch nachgedacht werden!

Tourismusförderung und Imagepflege kann auch in Zeiten knapper Kassen betrieben werden. Eine positive Außenwirkung erreicht unser Stadtfest – mit zunehmender Tendenz! Hier sollte, wenn irgendwie möglich nicht gespart werden. Über eine Kostenbeteiligung seitens der teilnehmenden Vereine und Organisationen muss aber nachgedacht werden.

Nachdem nun die Rebflurbereinigung endlich Ende 2009 losging, findet der langersehnte Wunsch nach einem Museum auf unserem Hausberg in 2010 seine Erfüllung.

In diesem Zusammenhang möchten wir Freien Wähler nochmals die Anregung von Altstadtrat Roland Kammerer nach einer Briefmarke Hohenasperg in Erinnerung bringen. Ist hier die Verwaltung schon aktiv geworden?

Alles in Allem – Am Schluss können wir mit unserer Lage noch zufrieden sein.

Mit einem Zitat von Fritz B. Busch möchte ich enden „ Genug ist besser als zu viel !“

Herzlichen Dank dem gesamten Verwaltungsteam für das Aufstellen des Haushaltes und für den Mut zu den Prognosen!

Wir Freien Wähler stimmen dem vorliegenden Haushaltsplan und dem Wirtschaftsplan der Stadtwerke für das Jahr 2010 zu!

 


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